Marlen Buri

Auf Entdeckungsreise im Land des Selbstregulierten Lernens

16. Januar 2025
A Person with long brown hair ist standing in a doorway ready to walk. In front of her lies a path leading torwards a city with many high buildings. In the cloudless sky above her we see stars and galaxies.

„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Drum nähme ich den Stock und Hut und tät das Reisen wählen. “ Matthias Claudius (1740-1815)

Das ist das erste Mal, dass ich mein Lernen sichtbar machen soll in einem Blog, ohne Beurteilungskriterien, Studienplan oder Arbeiten anderer Lernenden, die als Orientierung dienen können. Ich mache ein CAS zu Selbstreguliertem Lernen und da entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass in mir dieses ein erstes Mal einen Blog zu schreiben ohne Vorgaben Hemmungen auslöst. Ich überlege mir, was in in einer solchen Situation meinen Lernenden zur Orientierung sagen würde.

Wo stehst du?

Wo willst du hin?

Wie kommst du dahin?

Da bin ich

Ich bin Lehrperson auf der Sek I in Bern und mache mit Schüler:innen zwischen 10 und 16 Jahren Unterricht in Mathematik, Naturwissenschaften, Geschichte und Geografie, Bildnerisches Gestalten, Medien & Informatik, Astronomie, Arabisch, Begabungsförderung sowie Stellvertretungen in allen möglichen anderen Fächern. Ich mag meinen Beruf. Ich bin Begleiterin, Beraterin, Ermöglicherin, Grenzensetzerin, Reiseorganisatorin, Raumgestalterin, IT-Support, Verwaltungsfachkraft, Moderatorin, Kommunikationstrainerin, Kreativdirektorin, Texterin, Forscherin, Konfliktmanagerin, Mediengestalterin, Motivationstrainerin, Gesundheitsberaterin, Juristin, Unternehmerin, Eventmanagerin, Dompteurin, ...

Täglich habe ich mit Dutzenden jüngeren und älteren Menschen vielfältigen Kontakt und Austausch, was mich oft bereichert und erfüllt, manchmal auch an mir zehrt und zerrt.

Die Schule, die ich mir für mich, meine Lernenden und deren Familien und meine Kolleginnen wünsche, existiert nicht und wird nie existieren. Sie ist eine Utopie, die auch Utopie bleiben wird und der ich trotzdem mit diesem CAS ein Stückchen näher kommen möchte. Es ist für mich der nächste natürliche Schritt, um meinen Lernenden möglichst viel möglich machen zu können. Ich will ihnen künstliche Hürden aus dem Weg räumen und ihnen das Überwinden von echten Hürden ermöglichen.

So wie es im Universum Gravitation, Elektromagnetismus, schwache Wechselwirkung und starke Wechselwirkung gibt, findet man auch fundamentale Wechselwirkungen wie Autonomieerleben, Kompetenzerleben und Soziale Eingebundenheit, die Bedingungen für echtes, wahres, freudiges Lernen sind. Der Vergleich ist vielleicht ein bischen gross gegriffen. Für mich passt er aber schon, denn wenn ein:e Schüler:in das Lernen (wieder-)entdeckt, dann tun sich diesem Menschen neue Welten auf.

In der Masterarbeit, die ich mit meiner Stellenpartnerin und Freundin zusammen geschrieben habe, haben wir uns unter anderem auf die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan und die "Student Agency" berufen, als wir für uns ein neues Unterrichtskonzept erarbeitet haben. Wir wollten für uns Grundlagen schaffen, um das Schulmodell 4 (Real- und Sek-Niveau in einer Klasse) innerhalb eines Klassenteams möglichst gut umsetzen können. Mit dem CAS zu Selbstreguliertem Lernen knüpfe ich nahtlos daran an, was wir bisher für uns entwickelt haben. Selbstorganisiertes Lernen ist eine wichtige Basis, um Schüler:innen individuelles Lernen in einem Klassenverband ermöglichen zu können. Für viele Schüler:innen und Lehrpersonen ist SOL eine schwierige Angelegenheit, auch bei uns.

Selbstorganisiert, selbstbestimmt, selbstreguliert, ... Hauptsache selbst, oder wie?

Die ganzen Begrifflichkeiten sind ganz schön verwirrend. Sie sind eng beienander, unterscheiden sich in wenigen Punkten, die dann im Unterricht entscheidend sind. Ich entwirre an dieser Stelle das Begriffschaos.

  • Selbstbestimmtes Lernen: Ziele, Inhalte, Form, Wege, Ergebnisse, Zeiten, Lernorte werden von den Lernenden selber entschieden.

  • Selbstorganisiertes Lernen: Inhalte und Ziele sind vorgegeben. Lernende steuern ihr Lernen selbst und entscheiden (mit) über die Art und Weise ihrer Lernorganisation.

  • Selbstreguliertes Lernen: Lernende steuern und überwachen ihren Lernprozess über selbstgewählte Steuerungmassnahmen (kognitiv, metakognitiv, volitional, verhaltensmässig), abhängig von ihrer Lernmotivation, die wiederum abhängig ist von Leistungsmotivation, dem Interesse und der intrinsischen Motivation der Lernenden.

Nach diesen Definitionen (danke Wikipedia) kann selbstbestimmtes Lernen in einer Schule nicht stattfinden. Selbstorganisiertes Lernen kann ermöglicht werden und selbstreguliertes Lernen ist die Basis von den beiden anderen und findet sowieso immer statt. Man lernt schliesslich nie nicht.

Da will ich hin

Mit meinem CAS möchte ich das Selbstregulierte Lernen erkunden, Erkenntnisse daraus in unterrichtstaugliche Formen giessen und in meinem Unterricht erproben. Ich möchte meinen Schüler:innen mehr und besseres Lernen möglich machen und meine Erkenntnisse und Umsetzungen anderen Interessierten zugänglich machen.

So komme ich dahin

Meine Reise hat erst begonnen und ich bin gespannt, wohin sie führen wird. Ich werde mich durch Literaturberge wühlen und Gedankenströme durchschwimmen. Mich auf die Schultern von Riesen setzen, um in die Weite blicken zu können und Lernvorgänge auf der Ebene der Moleküle unter die Lupe nehmen. 1001 Gespräche mit den unterschiedlichsten Menschen führen und alles immer wieder hinterfragen. Ich freue mich auf diese Reise und werde dich etappenweise auf dem Laufenden halten.

Wenn du Tipps für mich hast, wie Literaturvorschläge, Autor:innen, Forscher:innen etc., einen guten Gedanken oder eine Frage, schreib mir doch auf einem der bekannten Kanäle.